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Urlaub verjährt nicht bei Pflichtverletzung

Der EuGH hat geurteilt: Urlaub verjährt nur, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer darauf hingewiesen hat. Hat der Arbeitgeber das vergessen, verjährt der Urlaubsanspruch auch nicht. Mehr zum Urteil.

Die Gesetzeslage

Die deutsche Gesetzeslage stellt sich wie folgt dar: §7 III Bundesurlaubsgesetz regelt, dass Urlaub grundsätzlich in dem Jahr genommen werden muss in dem er entsteht. Er kann aber auch noch im Folgejahr bis zum 31. März genommen werden. Danach galt seit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (9 AZR 353/10) nicht, dass der Urlaub verjährt. Der Arbeitgeber musste noch bis Ende März des darauffolgenden Jahres den Urlaub abgelten bzw. gewähren.

Urlaub verjährt also sogesehen 15 Monate nach dem Ende des Jahres, in dem er entsteht.

Das Urteil des EuGH

Was hat also nun der EuGH geurteilt? Kurz und knapp: Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer darauf hinweisen, dass sein Urlaub verfallen kann. Hat der Arbeitgeber das nicht getan, kann der Anspruch auf Urlaub nicht verjähren. Die Begründung des EuGH ist: Der Arbeitgeber darf nicht nicht dafür belohnt werden, dass er seine vertragliche Pflicht verletzt.

Was war im Detail passiert?

Eine Steuerfachangestellte in einer Kanzlei war von 1996 bis 2017 dort angestellt. Weil das Arbeitsaufkommen sehr hoch war, konnte sie ihren Urlaub nicht nehmen. Der Arbeitgeber hatte sie nicht darauf hingewiesen, dass Urlaub verfällt. 2018 wollte die Angestellte ihren Urlaub in Form von Abgeltung geltend machen. Der Arbeitgeber weigerte sich. Die Angestellte klagte.

Die Angelegenheit ging bis hinauf zum Bundesarbeitsgericht. Das wiederrum legte die Sache dem EuGH vor. Es fragte, ob es mit dem Unionsrecht vereinbar ist, dass gemäß §194 I, 195 BGB der Urlaub verjährt, wenn der Arbeitgeber seine Hinweispflicht verletzte.

Das hat der EuGH nun verneint.

Der Arbeitgeber habe zwar ein Interesse, nicht mit Anträgen auf Urlaub oder Abgeltung konfrontiert zu werden, die auf Ansprüche von vor mehr als drei Jahren gestützt werden. Aber ein solches Interesse sei nicht mehr berechtigt, wenn der Arbeitgeber nicht vorher den Arbeitnehmer auf den Verfall des Urlaubs hingewiesen hat. Dadurch habe er sich ja erst selbst in diese Situation gebracht. Es solle verhindert werden, dass er daraus auch noch den Nutzen ziehen kann, dass der Arbeitnehmer nun keine Abgeltung mehr fordern kann.

Bemerkenswert ist dabei folgendes: der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer auf die Rechtslage hinweisen. Es reicht nicht aus, den Arbeitnehmer auf Urlaub aus dem vergangenen Jahr hinzuweisen.

Die Folgen

Urlaub verjährt nicht, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf den Verfall nicht hinweist. Das ist zunächst einmal großartig für Arbeitnehmer, hat aber schwere Konsequenzen für die Arbeitgeber. Es ist damit zu rechnen, dass jetzt eine große Welle von Urlaubsabgeltungsklagen über die Arbeitgeberschaft hinwegrollen wird. Auch in einer anderen Sache, die dem BAG zur Entscheidung liegt wird diese Entscheidung des EuGH relevant sein. Auch in diesen Verfahren (Az. C-518/20 und C-727/70) war die Frage zu klären, ob Urlaub verjährt. Was, wenn der Arbeitnehmer erst im Verlauf des Urlaubsjahrs ununterbrochen arbeitsunfähig erkrankt und bis dahin zumindest teilweise Urlaub hätte nehmen können gilt auch: Urlaub verjährt erst, wenn der Arbeitnehmer daraufhin gewiesen wurde.

Fazit:

Dieses EuGH Urteil wird das Gegenteil von Rechtsfrieden zur Folge haben. Stattdessen ist nun mit einer Vielzahl von Klagen gegen Arbeitgeber auf Urlaubsabgeltung zu rechnen. Im Zweifel ist es immer besser, einen Anwalt zurate zu ziehen; dies gilt gleichermaßen für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber.

Rechtsanwältin Ebru Kuleci

Ebru Kuleci - Rechtsanwältin für Arbeitsrecht & Familienrecht in Aachen

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